Spannung und Gleichgewicht
Kunst bedeutet nicht. Kunst ist (Theodor W. Adorno)
Margot Luf wächst in eine noch unsichere, hungrige deutsche Kunstszene der 60er Jahre hinein, die alle traditionellen Werke der Kunst in Frage stellt, vor allem im Bereich der Skulptur entsteht durch Installation, Objektkunst, Licht, Bewegung, Happening und Aktion ein völlig neues Formenvokabular.
Von 1970-75 arbeitet und assistiert Margot Luf gelegentlich im privaten Atelier des Bildhauers Lothar Fischer, einem der Mitbegründer der Münchner Gruppe SPUR (1957-65).
Ihre Affinität zur Malerei wird geweckt und manifestiert sich in den Jahren 1980-88 in einer Arbeitsgemeinschaft mit dem Maler Stefan Becker. Farbig bemalte Skulpturen in Terrakotta, Holz und Bronze entstehen. Ein Aufenthalt in den USA beflügelt ihre Phantasie, bestärkt sie in ihrem Willen nach Offenheit, Farbe und freier Gestaltung.
Sie entwickelt mit ihrer Wachsplattentechnik und heißen Messern geometrische Formen, die wie ausgeschnitten wirken und dann in Bronze gegossen werden. Material und Stofflichkeit, das Herantasten an eine Komposition spielen in ihren Arbeiten stets eine zentrale gestalterische Rolle. Viele sind bemalt und in zarter und spannender Fragilität zusammengesetzt – oft nur an wenigen Punkten. Ihre Kompositionen verspannen den Raum in heiterem, schwerelosem Tanz.
Margot Luf orchestriert den Raum mit ihren fragilen Kompositionen mehr durch eine fast graphische Konturenrhythmik als durch Volumen und Masse. Die Arbeiten strahlen eine heitere Würde aus, jenseits von unnahbarer Erhabenheit und rein intellektueller Konzeptualität.
Michaela Grammer, Ausschnitt aus dem Katalog „Margot Luf Terrakotten, Bitumen, Collagen“
Die figurativen oder ornamentalen Skulpturen sind nicht massig oder gar schwerfällig. Ganz im Gegenteil wirken sie eher leicht. Auf diese Wirkung arbeitet die Künstlerin gezielt hin, wenn sie durch kleine Öffnungen den Blick ins Innere der Skulpturen ermöglicht und dadurch zeigt, wie dünnwandig diese sind. Eine im Freien stehende Arbeit, die architektonische Formen hat, macht vollends deutlich, dass es der Künstlerin hier nicht um das Formen von Masse, sondern um das Gestalten von Raum geht.
Otfried Käppeler, "Ulmer Nachrichten", 1996